Der Kuchen ist aufgegessen – Eindrücke von der Dortmunder Wirtschaftsflächenkonferenz

Premiere bei der Wirtschaftsflächenkonferenz in Dortmund: Zum Thema hat sich die Stadt Dortmund am 9. Juni 2022 erstmals nicht nur angehört, was Wirtschaftsvertreter:innen zu sagen haben. Nein, auch Umwelt- und Naturschutzverbände sowie  das Klimabündnis Dortmund waren eingeladen. Wichtigste Erkenntnis der Konferenz: Neue Flächen für Gewerbeansiedlungen werden knapp.

Jahrzehntelang schöpfte die Dortmunder Wirtschaftsförderung aus dem Vollen. Wenn sich ein neuer Betrieb in Dortmund ansiedeln wollte, konnte er oft zwischen mehreren, ausreichend großen Flächen auswählen, meist auf stillgelegten Zechen- und Stahlwerksgeländen wie der Westfalenhütte oder auf Gneisenau.

Doch Phoenix West und andere ehemalige Brachen sind weitgehend vermarktet. Laut Stefan Thabe vom Planungsamt der Stadt Dortmund stehen der Stadt noch knapp 40 Hektar planerisch gesicherter Flächen zur Verfügung. Die IHK beziffert einen jährlichen Bedarf von etwa 20 Hektar zur Neuerschließung.

Muss man jetzt in die Freiräume gehen? Ginge es nach Heike Marzen von der Wirtschaftsförderung, stünden die in den vergangenen Jahren umstrittenen Areale Groppenbruch und Buddenacker wieder auf dem Wunschzettel. Sie befürchtet sogar den Wegzug von Unternehmen am Standort und das Ende des Wachstums in Dortmund, wenn es keinen Flächenvorrat mehr gäbe.

Die Vertreter:innen der erstmals eingeladenen Naturschutzverbände sahen das etwas anders. Hartmut Koch nahm für das Klimabündnis an der Podiumsdiskussion teil: “Wir können nicht mehr mit dem alten Wachstumsbegriff arbeiten, bei dem es nur um Geld geht. Wohl aber mit einem qualitativen Wachstum. Was wir brauchen, sind nicht mehr vorwiegend Neuansiedlungen, sondern stabile Bestandsbetriebe, die die Energiewende in den Griff bekommen und die Attraktivität der Standorte wie auch der Arbeitsplätze vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels steigern müssen. Dazu gehört immer häufiger eine bessere Erreichbarkeit mit ÖPNV und Rad.”

Der Kuchen ist aufgegessen, fasste ein Teilnehmer die Ergebnisse der Konferenz treffend zusammen. Während die Wirtschaftsförderung weitere Vorratsflächen entwickeln möchte, hatten Handwerkskammer, Wirtschaftsverbände und Naturschutzorganisationen teilweise ganz andere Vorstellungen, welche Aufgaben in den nächsten Jahren anstehen. Dazu zählen:

  • Die Bewirtschaftung der Flächen wird kleinteiliger werden. Auch Einzelflächen gehören zur Vermarktung.
  • Mehrere Betriebe teilen sich eine Fläche (Beispiel: Handwerkshof).
  • Bestehende Betriebe werden bei der nachträglichen Begrünung und Aufwertung der Standorte sowie bei der Klimaanpassung z. B. durch energetische Optimierung und Regenwasserversickerung unterstützt.
  • Auch Lagerflächen, die wegen der häufig unterbrochenen Lieferketten zunehmend mehr benötigt werden, können gemeinsam genutzt und in die Höhe gebaut werden.
  • Unternehmen, die sich verkleinern wollen, müssen frühzeitig beraten und unterstützt werden.
  • Bei Entwicklung neuer Flächen sind alle Akteure sofort ins Boot zu nehmen und an der Konzeption einer allseits akzeptierten Lösung zu beteiligen. Dazu zählen eine naturnahe Gestaltung der Fläche und Dachbegrünung, klimaneutrales Bauen sowie Strom- und Wärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energien.
  • Städtische Flächen sollen nicht mehr verkauft, sondern in Erbpacht vergeben werden. Das ist auch für Unternehmen ein attraktives Investitionsmodell, gerade für Start-Ups.
  • In Zusammenarbeit mit den anderen Städten des Ruhrgebiets können interkommunale Industrie- und Gewerbegebiete entwickelt werden, die hauptsächlich für große Produktionsunternehmen vorgehalten werden. In Lünen oder Bergkamen gibt es demnächst Flächen stillgelegter Kohlekraftwerk

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